text: karl marx/friedrich engels, “das manifest der kommunistischen partei” (1848)
arnold roller, “der soziale generalstreik” (1907)
text: karl marx/friedrich engels, “das manifest der kommunistischen partei” (1848)
arnold roller, “der soziale generalstreik” (1907)
Ganz allgemein kann man die Welt, in der wir leben, nur dann als gesetzmäßig betrachten, wenn man annimmt, dass jedes Phänomen darin begrenzt ist. Und dies gilt auch für das Phänomen der Macht, wie Plato es erkannt hatte. Will man die Macht als ein verständliches Phänomen ansehen, dann muss man danken, dass sie die Grundlagen, auf denen die beruht, nur bis zu einem gewissen Punkt ausdehnen kann. Danach stößt sie gegen eine unüberwindliche Mauer. Dennoch vermag sie nicht stehen zu bleiben; der Stachel der Rivalität zwingt sie, immer wieder vorzudringen, d.h. über die Grenzen hinaus, innerhalb derer sie effektiv wirken kann. Sie verbreitet sich jenseits dessen, was sie zu kontrollieren vermag; sie befiehlt jenseits dessen, was sie aufzuerlegen mag; sie verschwendet jenseits ihrer eigenen Ressourcen. Das ist der innere Widerspruch, den jedes repressive Regime als tödlichen Keim in sich trägt. Er entsteht durch den Gegensatz zwischen dem notwendig begrenzten Charakter der materiellen Machtgrundlagen und dem notwendig unbegrenzten Charakter des Machtkampfes als einer zwischenmenschlichen Beziehung. … So besiegelte das römische Heer, das zuerst den Reichtum Roms geschaffen hatte, seinen Untergang. So verwüsteten schließlich die mittelalterlichen Ritter, deren Kämpfe zuerst den Bauern eine relative Sicherheit gegen Raubüberfälle gaben, die Landwirtschaft, die sie ernährte. Und auch der Kapitalismus scheint eine Phase solcher Art zu durchqueren. … So bildet allein die Natur der Dinge jene von den Griechen unter dem Namen Nemesis verehrte Gottheit, die Maßlosigkeit bestraft. (S. 190f) Continue reading “Aus: Simone Weil, “Unterdrückung und Freiheit. Politische Schriften”, 1975, Berlin”
(Reflexions sur les causes de la liberte et de l’oppression sociale, 1934)
Tatsächlich erklärt Marx ausgezeichnet den Mechanismus kapitalistischer Unterdrückung; er erklärt ihn aber so gut, dass man sich kaum vorstellen kann, wie er aufhören könnte zu funktionieren. S. 12
Die Arbeiterbewegung konnte die Illusion der Macht erwecken, solange sie dazu beitrug, die Reste des Feudalismus zu beseitigen oder die kapitalistische Herrschaft zu errichten, sei es in Form des privaten Kapitalismus oder in der des Staatskapitalismus, wie dies in Russland geschah; jetzt wo sie auf diesem Gebiet ihre Funktion erfüllt hat und von der Krise vor das Problem der wirklichen Machtergreifung durch die Arbeitermassen gestellt wird, zerfällt sie mit einer Schnelligkeit, die alle, die an sie geglaubt hatten, mutlos macht. Auf ihren Trümmern spielen sich endlose Kontroversen ab, die sich nur durch die zweideutigen Formeln befrieden lassen, weil unter all denen, die immer noch von Revolution sprechen, kaum zwei mit diesem Begriff dasselbe verbinden. Revolution ist ein Wort, für das getötet wird, für das gestorben wird, für das die Volksmassen in den Tod geschickt werden, das aber keinen Inhalt hat. S 30f
Ganz allgemein haben die Blinden, die wir heute sind, kaum eine andere Wahl als die zwischen Abenteuern und Kapitulation. S. 38
Der Herr muss den Knecht gerade deshalb das Fürchten lehren, weil er von ihm gefürchtet wird, und umgekehrt; das gilt auch für rivalisierende Mächte. S 43 Continue reading “Aus: Simone Weil, “Über die Ursachen von Freiheit und gesellschaftlicher Unterdrückung”, Zürich, 2012″
(Ich hab’s endlich hingekriegt, was ich seit Jahren vorhatte und mich nicht so richtig rangetraut habe: über Simone Weil geschrieben. Es hat sich da so einiges in den Notizen angesammelt, vieles davon habe ich schließlich nicht verwendet. Es ist auch nicht einfach, Weil zu lesen, deswegen haue ich das ganze Geroll raus – vielleicht stolpert jemand darüber und lässt sich doch noch zur Lektüre inspirieren oder hat nach dem Zitat gesucht und weiß nicht mehr, wo es war. Hier, übrigens, waren die Exerpte aus ihrem Fabriktagebuch. Wie auch immer, enjoy! – liberadio)
„Die Pflicht besteht nur zwischen einzelnen Menschen“. (S.8.)
„Diese Pflicht beruht auf keiner Übereinkunft. Denn all Übereinkünfte können nach dem Willen der Vertragspartner geändert werden, während an dieser Pflicht keinerlei Änderung eines menschen Willens auch nur irgendwas ändern könnte. Diese Pflicht ist ewig. Sie entspricht dem ewigen Geschick des Menschen. Nur der Mensch hat ein ewiges Geschick. Die Gemeinwesen haben es nicht. Auch bestehen ihnen gegenüber keine direkten Verpflichtungen, die ewig wären. Einzig und allein ewig ist die Pflicht dem Menschen als solchen gegenüber. Diese Pflicht ist nicht an Bedingungen geknüpft. Wenn sie auf etwas gegründet ist, gehört dieses Etwas nicht unserer Welt an. In unserer Welt ist sie auf nichts gegründet. Dies ist die einzige Pflicht, die sich auf die menschlichen Dinge bezieht, aber keiner Bedingung unterworfen ist“. (S. 9)
„Die französische Arbeiterbewegung, die aus der Revolution hervorging, war im Wesentlichen ein Schrei, nicht der Revolte, sondern des Protests gegen die erbarmungslose Härte des Schicksals aller Unterdrückten. (…) Sie endete 1914; seitdem ist nur noch ein Nachhall geblieben (…) Das konkrete Verzeichnis der Schmerzen der Arbeiter liefert die Liste der Dinge, die geändert werden müssen“. (S. 53) „Nur die JOC (Jeunesse Ouvrière Chrétienne) hat sich mit dem Leid der jungen Arbeiter befasst; dass es diese Organisation gibt, ist vielleicht das einzige sichere Zeichen dafür, dass das Christentum bei uns noch nicht ganz gestorben ist“. (S. 62)
„Auf jeden Fall wäre eine solche soziale Lebensweise weder kapitalistisch noch sozialistisch. Der Proletarierstand würde abgeschafft, anstatt auf alle Menschen ausgedehnt zu werden, wozu der sogenannte Sozialismus tendiert“. (S. 74)
„Er wird keine gesunde Arbeiterbewegung geben, wenn sie nicht über eine Lehre verfügt, die dem Begriff des Vaterlands einen bestimmten Platz zuweist, das heißt einen beschränkten Platz“. (S. 97) Continue reading “Aus: Simone Weil, “Die Verwurzelung. Vorspiel zu einer Erklärung der Pflichten dem Menschen gegenüber”, 2011 Zürich”
von ndejra (erschienen in der April-Ausgabe der GaiDao)
Manchmal überkommt eine*n das Gefühl, linke Knastliteratur – Erinnerungen, Tagebücher, wissenschaftliche Abhandlungen und Ähnliches – hat wieder Konjunktur. Die Welt ist so anders geworden seit den Zeiten als Leute wie Peter Kropotkin, Alexander Bergman oder Wera Figner über ihr Leben hinter Gittern berichteten, als Warlam Schalamow und Alexander Solschenizyn die GULag-Hölle für kommende Generationen beschrieben haben. Natürlich hat der Staat, „ein unermesslicher Friedhof“, wie ihn Bakunin bezeichnete, nie aufgehört, mit seinem Repressionsapparat Leben und Körper der Delinquent*innen zuzurichten und zu zermalmen. Manchmal wird die alltägliche Repression nur spürbarer, manchmal gelingt es jemandem sie nur besonders eindrucksvoll zu schildern.
So gelang es z.B. dem belarusischen Anarchisten Mikola Dziadok in seinem kleinen Büchlein. Es ist nicht „brandneu“, es muss, wenn ich mich nicht täusche, bereits 2017 oder Anfang 2018 erschienen sein. Dziadoks Buch führt gewissermaßen die Erzählung fort, die mit dem Ihar Alinevichs Bericht aus dem Minsker Untersuchungshaft „Auf dem Weg nach Magadan“ begonnen wurde (siehe die Besprechung in GaiDao Nr. 82, Oktober 2017). Beide kamen 2010/2011 infolge der Wahlproteste unter die Räder der belarusischen Staatsmaschine, beide (und einige andere Anarchist*innenen und Liberale) haben nach Farce-Prozessen hohe Gefängnisstrafen bekommen. Ihar bekam damals 8 Jahre und Mikola 4,5 Jahre des „strengen Regimes“, dem Letzteren hat man die Strafe später um ein Jahr noch verlängert. Beide wurden frühzeitig entlassen. Wie Dziadok in einem Interview 2015 erklärte, das passierte nur, weil Belarus, das oft als die „letzte Diktatur Europas“ bezeichnet wird, immer noch die sowjetische Staatssymbolik beibehält und dessen Geheimdienst immer noch KGB heißt, versucht, auf den Spannungen zwischen der EU, den USA und Russland zu spielen und gewisse Liberalisierungen im Inneren demonstrieren musste. Continue reading “Buchrezension: „The Colours of the Parallel World“ von Mikola Dziadok”
Der eine ist etwas älter: April 2016, ein Vortrag über Gustav Landauer und den Geist der Revolution beim Radio Corax aus Halle.
Hier ist der Ankündigungstext: “Es hat in Deutschland in der Zeit seiner größtem Gottferne einen Mann gegeben, der wie kein anderer Mensch dieses Landes und dieser Stunde zur Umkehr aufrief. Um einer kommenden Menschheit willen, die seine Seele schaute und begehrte, stritt er gegen die Unmenschheit, in der er leben musste“, – so schrieb der chassidische Philosoph Martin Buber 1919 über seinen Freund, Publizisten und Volksbeauftragten der Bayerischen Räterepublik Gustav Landauer (1870 – 1919). Dieser gilt als einer der bekanntesten deutschsprachigen Anarchisten. Der Vortrag versucht, nicht nur an den Menschen Landauer zu erinnern, sondern auch sein umfangreiches Werk kritisch zu würdigen. Diese Aufgabe nehmen wir außerdem zum Anlass, das theoretische und praktische Erbe des „klassischen“ (also „Vorkriegs“-) Anarchismus zu reflektieren”.
Der zweite ist eine ordentlich Portion “Russophobie”, 2018 ebenfalls in Halle gehalten. Der Ankündigungstext dazu beim Grossen Thier: “Die ukrainische Krise 2014 und der darauf folgende Krieg im Osten des Landes scheinen die europäische Linke nicht weniger zu überfordern als z.B. der Krieg in Syrien. Den Krieg in der Ukraine auf die Regiemekrise in Russland von 2011 zurückzuführen, würde einen viel radikaleren Begriff von der Politik erfordern, als linke Freunde des Politikmachens ihn haben könnten. In diesem Krieg würde – je nach dem Maß der Ignoranz linker Betrachter – entweder eine bedrängte antifaschistische Schutzmacht gegen die Vortrupps der NATO und der USA oder zwei gleichwertige Faschismen gegeneinander kämpfen. In Wirklichkeit vielmehr, kämpfen zwei verbrüderte Faschismen Seite an Seite gegen etwas, wovon der europäischen (und nicht nur dieser) Linken anscheinend der Begriff abhanden gekommen ist. (Damit ist nicht gesagt, dass das russische oder ukrainische Regime direkt faschistisch wären). Nicht nur wurden die Marionettenregimes der sog. Volksrepubliken etabliert, damit alles bleibe, wie es ist, auch im Inneren der Ukraine wirken Kräfte, die mehr mit Russland zu tun haben, als es auf den ersten Blick scheinen kann”.
Не то, чтобы мне сильно хотелось пинать и без того дохлых собак, но перебирал давеча старые книги, нашёл эпическую «Освобождение ислама» Гейдара Джемаля (2004, Москва). Перелистал, похихикал и поставил книгу на улице в шкаф бук-кроссинга, с глаз долой. До сих пор не понимаю, как он мог произвести столь сильное впечатление не только на экзальтированых любителей «скрытых истин», но и на российских левых. (Пост-)Традиционалист или «новый правый», как принято говорить в Европе, и сооснователь «Левого фронта»… Но в связи с книгой возникли интересные ассоциации.
У Джемаля есть всё, что на самом деле так любо моему сердцу:
прикрывающийся «благородным антисионизмом» антисемитизм –
«Дело в том, что Израиль никакого отношения не имеет к иудаизму. Это на самом деле продолжение Иерусалимского королевства Болдуина. Что такое Израиль? Говорится, что это евреи. Но на самом деле это вторжение Запада, который вновь, как и в средневековье, влез туда и институционализировал захват Иерусалима. Только раньше это были крестоносцы, теперь же по технческим причинам это нельзя сделать в такой же форме, поэтому были использованы евреи. Но это не евреи, это представители Запада, и Израиль – это представители Запада. Израиль – это Иерусалимское королевство. Это восстановление средневековой западной оккупации. Израиль – это продолжение Рима, это не то, что иудаизм. Иудаизм же там подавлялся: если подлинные иудеи, протестующие против сионизма, выходят на демонстрации, их бьют по головам». С. 60
Теории заговора –
«Следует отдельно отметить так называемый проект Великая Хазария. Сегодня перед Россией стоит реальная угроза политического перерождения, превращения в некую структуру, котоая технологически с некоторых сторон напоминает государство, существовавшее в 6-10 веках на территории России, где, как вы знаете, иудейская элита правила тюркскими массами. Сегодня существует проект создать аналогичное госудасртво, где иудейская элита, замкнув эту империю на себя, будет управлять ею под национал-патриотическими великодержавными лозунгами. Для реализации этого проекта необходимо прежде всего исключить мусульман из политического поля России, физически вывести их за рубежи России». С. 319
Ленинизм (без филантропического марксизма) как истинно верное учение джихадизма – Continue reading “Золотые динары и реформизм исламизма”
Любитель пригрозить западному рассаднику либерализма и мужеложства термоядерной расправой, а русскому народу-богоносцу за просмотр легкомысленных фильмов — так и вообще Апокалипсисом, преподобный отец Всеволод Чаплин написал книгу с очень интересным названием. Она должна называться «Бог. Истина. Кривды. Размышления церковного дипломата» и расставить все точки над i в вопросах отношений с иными конфессиями. В глаза бросается неудачное дизайнерское решение на обложке, которое, с позволения сказать, вызывает совсем иные ассоциации.
Посмотрев на название книги, написанное без знаков препинания, поневоле задаёшься вопросом: что это вдруг с отцом Всеволодом, неужто взялся за ум? Отец Всеволод, конечно, как был, так и остался тем ультраправым мракобесом, каким мы его знаем и любим. Свинью ему подложил дизайнер издательства, который, наверное, и сам не ведает, насколько он прав, столь бесцеремонно обращаясь к нам и потенциальной чаплинской публике: «Бог — истина кривды». Но отставим в сторону этого Чаплина с его книгой и попробуем немного приблизиться к пониманию, почему же для социальной критики и атеизма бог — действительно истина кривды.
У часто цитируемого высказывания Маркса, что религия-де является опиумом народа, своеобразным обезболивающим, помогающим переносить земные лишения, взваленные на него земными же властями, есть ещё и социально-революционный контекст, часто и охотно забываемый вульгарными атеистами и материалистами.
«…религия, — пишет Маркс в знаменитом вступлении к «Критике Гегелевской философии права», — есть самосознание и самочувствование человека, который или ещё не обрёл себя, или уже снова себя потерял. Но человек — не абстрактное, где-то вне мира ютящееся существо. Человек — это мир человека, государство, общество. Это государство, это общество порождают религию, превратное мировоззрение, ибо сами они — превратный мир. Религия есть общая теория этого мира, его энциклопедический компендиум, его логика в популярной форме, его спиритуалистический point d’honneur [вопрос чести], его энтузиазм, его моральная санкция, его торжественное восполнение, его всеобщее основание для утешения и оправдания. Она претворяет в фантастическую действительность человеческую сущность, потому что человеческая сущность не обладает истинной действительностью. Следовательно, борьба против религии есть косвенно борьба против того мира, духовной усладой которого является религия. Религиозное убожество есть в одно и то же время выражение действительного убожества и протест против этого действительного убожества. Религия — это вздох угнетённой твари, сердце бессердечного мира, подобно тому как она — дух бездушных порядков. (…) Упразднение религии, как иллюзорного счастья народа, есть требование его действительного счастья. Требование отказа от иллюзий о своём положении есть требование отказа от такого положения, которое нуждается в иллюзиях. Критика религии есть, следовательно, в зародыше критика той юдоли плача, священным ореолом которой является религия. (…) Задача истории, следовательно, — с тех пор как исчезла правда потустороннего мира, — утвердить правду посюстороннего мира. (…) Критика неба превращается, таким образом, в критику земли, критика религии — в критику права, критика теологии — в критику политики».
Похожим образом эту идею сформулировал Михаил Бакунин в трактате «Бог и государство»:
«Сведенный в интеллектуальном и моральном, равно как и в материальном, отношении к минимуму человеческого существования, заключенный в условиях своей жизни, как узник в тюрьму без горизонта, без исхода, даже без будущего, если верить экономистам, народ должен был бы иметь чрезвычайно узкую душу и плоский инстинкт буржуа, чтобы не испытывать потребности выйти из этого положения. Но для этого у него есть лишь три средства, из коих два мнимых и одно действительное. Два первых — это кабак и церковь, разврат тела или разврат души. Третье — социальная революция».
Бог, религия вообще, таким образом, есть выражение бесчеловечности, неуютности этого общества. Это социальный иероглиф, выражающий не оправдываемую естественными причинами власть человека над человеком. Это выражение того состояния, когда общество предстаёт перед людьии как чуждая и репрессивная инстанция. Continue reading “Бог – истина кривды”
Wird wohl wie üblich, hier und da ausliegen.
Über die Bestellmodalitäten siehe hier: https://dasgrossethier.wordpress.com/hefte/
Was für Bedenken kann man denn noch haben, wenn’s anscheinend genau solche Leute waren, wie wir?
“Die ‘Neue Gemeinschaft’ ließ den sprühenden Glanz ihres Heiligenscheins rasch matt werden. Weihe in Permanenz schafft Narren, Zeloten und Spekulanten. Die Wohnung in der Uhlandstraße diente uns Jungen immerhin in den weihefreien Stunden als Klubraum zur Selbstbeköstigung. Zuerst hatten Gustav Landauer und ich uns die Erlaubnis erwirkt, dort zu kochen. Mir wurde die Erlaubnis dazu allerdings von Landauer bald entzogen, und er, der damals keine Familie hatte, übernahm die Bereitung der Mahlzeiten allein, nachdem ich einmal zur Herstellung von Omeletten alle Milch- und Eiervorräte verrührt hatte, ohne dass die Eierkuchen aufhörten zu zerbröckeln; ich hatte nämlich eine falsche Tüte genommen und statt Mehl Gips erwischt”.
Erich Mühsam, “Unpolitische Erinnerungen”, S. 22, Berlin 2003