Es muss ein Staatsakt sein – nicht minder als die Militärparade am Roten Platz am 9. Mai in Moskau. Es ist ein Staatsakt, davon hängt einiges auf dem internationalen Parkett ab, auch wenn die Angelegenheit rein symbolischer Natur zu sein scheint. Das orthodoxe Christentum ist wegen seiner Symphonie-Lehre und aus byzantinischer Tradition regionaler Verwaltung stark mit den jeweiligen Staatlichkeiten und nationalen Zugehörigkeitsgefühlen verwoben. So weit, so gut. Oder schlecht, whatever. Nun, zerfallen die Staaten, müssen – rein theoretisch zumindest – sich auch die Kirchen verwaltungstechnisch trennen.
Das 1030. Jubiläum der Christianisierung von Rus‘ ist daher sowohl in der Ukraine als auch in der Russländischen Föderation, wie gesagt, ein Staatsakt, dem eine ganz pragmatische Bedeutung zukommt. Obwohl es für die Ukraine erst mal bedeuten würde, dass eine offen staatsfeindliche Infrastruktur wie die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats aus dem Land verschwindet, ist es für den Präsidenten Petro Poroschnko der letzte Strohhalm, mit dem er seine Haut retten kann, nachdem er die demokratischen Hoffnungen von 2014er Maidan so kolossal enttäuscht hat. Für Russland wird es indes brenzlig: wird die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche des Kiewer Patriarchats autokephal, schafft sie ein Teil der OUK-MP und der jetzigen Ukrainischen Autokephalen Kirche (kanonisch nicht anerkannt) zu integrieren, wird sie zur größten orthodoxen Nationalkirche. Eine schwerwiegende Kränkung für die konservative Möchte-gern-Weltmacht, die „letzte Bastion des wahrhaftigen christlichen Glaubens“! Die Anhebung des Rentenalters, vorm Erreichen dessen die Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung eh abkratzen wird, systematische Folter in russischen Gefängnissen, AIDS-Epidemie – alles muss verblassen vor dem Glanz der Herrschaft!
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(Die göttliche Lithurgie in Moskau)
Der „Erste unter den Gleichen“, der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel Bartholomäus stellt sich auf die Seite der Ukraine; der Vorsteher der Alexandrinischen Kirche (Ägypten) Theodor II. feiert mit dem Moskauer Patriarchen Kyrill in Moskau und bezeichnet RussInnen und UkrainerInnen als ein Volk. Wer wird gewinnen? Ist es uns nicht bums? Während wir Mütterchen Russland vom ganzen Herzen eine weitere Demütigung wünschen, ist uns bewusst, dass die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche aus dem gleichen Holz geschnitten ist, und hoffen, dass diese reaktionäre, mysogine, nationalistisch-staatstragende pseudo-christliche Buffonade zusammenkracht. Dann müssen sich auch Richard Spencer und Patrick Poppel vom Suworow-Institut nach anderen Sponsoren umschauen. Wer weiß, vielleicht doch der Suffi-Islam der Kadyria-Schule, hmmm?
Wie auch immer, am Ende muss die Liebe obsiegen. Denn „das orthodoxe Christentum ist Bartliebe“, wie Alexander Dugin sagt. Da können sich Männer wunderschöne Komplimente machen, ohne sich gleich schwul vorzukommen. Und das ist das Wichtigste. Die Liebe.
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(Dugin über die Bartliebe)