(Dieser mittlerweile ein Jahr alte Text ist ein Kommentar des russischen anarchistischen Autors Herbert Maridze, der sich mit der Reaktion des russischen Premiers Vladimir Putin auf die Brände, der gegenwärtigen Lage in Rußland und mit der Kampagne der Behörden gegen AntifaschistInnen und UmweltschützerInnen befaßt. Wurde hier nur “umformatiert” und etwas leserlicher gemacht.)
Ja, da haben wir es – Rußlands wichtigstes Nachrichtenthema ist der Wetterbericht. Darauf haben wir lange warten müssen, und wir werden es überleben. Wären wir religiöser, würde ich jetzt sicher darauf hinweisen, daß diese mittägliche Dunkelheit in Moskau und das Zähneknirschen uns zeigen soll, was den Tyrannen und ihren Helfershelfern noch bevorsteht. Oder wenigstens bevorstehen sollte… Es ist nämlich so, daß die – jedenfalls die Klügsten und Gefährlichsten von denen – genau wissen, was sie zu erwarten haben. Sie haben bereits eine Ahnung, was es heißt, wenn das Land plötzlich anfängt zu brennen – in großer Tiefe, wo keine Macht hinreicht. Das ist so doll metaphysisch, Alter, da steigst du in jedes Flugzeug, nicht nur eins zur Feuerbekämpfung. Laß sich doch das ganze Internet über dich lustig machen, laß doch ruhig alle wütend werden, das öffentliche Gewissen wird das Image eines Mannes genau registrieren, der sich nicht hinter den Rücken von Robocops versteckt, falls die Nieten in Ryazan mal wieder alles vermasseln, sondern der das gottverdammte Land zur Not auch noch selbst wässert und sich daran selbst aufgeilt – aber so, daß auch nicht das leiseste Rauchwölkchen zu bemerken ist. Also gibts nur Wasser und Sumpf. Also gibts nicht mal Gras, sondern nur die Kameras von CCTV.
In was für einer Gesellschaft leben wir denn? Einige werden sicher die Gesellschaft des Spektakels erwähnen, wenn sie in die Glotze schauen, einige werden es plötzlich eine Konsumgesellschaft nennen. Aber hier ein typisches Beispiel. Zwischen den Hauptstädten einiger Länder wird eine mautpflichtige Autobahn gebaut. Aufgrund direkter Anordnungen des Premierministers wurde eine der wenigen verbliebenen Waldflächen der Hauptstadt für diese Autobahn geopfert. Es kommt zu andauernden merkwürdigen Angriffen auf die VerteidigerInnen dieses Waldstücks, die innerhalb der Legalität agieren – und die Polizei ist offenbar absolut unfähig, diese aufzuklären. Eine ausländische Firma hat den Bau übernommen, aber die Baustelle wrd von ultra-rechten Fußballfans bewacht. Alle diese Zutaten mischen sich willig zu einer Mahlzeit mit ganz einfachem Geschmack – große Firmen, repressive Staatsorgane und marginale faschistische Gruppen verbinden sich ganz natürlich zur Unterstützung von Spitzenbeamten und in Opposition gegen AnwohnerInnen und UmweltschützerInnen. Continue reading “Russland: Land unter Füssen”