Der deutsche Angriff auf Russland überraschte alle durch seine Plötzlichkeit und machte vielleicht vielleicht noch mehr Eindruck als der am 23. August 1939 geschlossene Freundschaftspakt zwischen Stalin und Hitler. Wenn der Freundschaftspakt zwischen den beiden Vertretern der jüngsten Reaktion eine „unerwartete Überraschung“ war, so ist der Krieg im Gegenteil eine „erwartete Überraschung“. Alle, mit Ausnahme der Lakaien und Papageien des Kremls, die in kommunistischen Parteien organisiert sind, betrachteten den Krieg zwischen den beiden despotischen Regimen als unvermeidlich, aber sie dachten logischerweise, dass er sofort nach Hitlers siegreichem Krieg im Westen ausbrechen würde; sie glaubten, dass Hitler einen Angriff auf Russland nicht riskieren würde, solange ihm im Westen die Hände gebunden waren. Diese Annahmen basierten erstens auf Hitlers eigener Erklärung, dass Deutschland Kaisers Fehler nicht wiederholen würde: Es würde keinen Zweifrontenkrieg führen. Zweitens würde ein Angriff auf Russland eine vollständige Blockade Deutschlands bedeuten und es der Hilfe berauben, die es von Russland erhalten hatte: Öl, Brot, Mangan usw. Drittens würde der Krieg gegen eine noch so schlechte russische Armee eine sehr große Kraftanstrengung, eine gigantische Verschwendung von Material und Personal bedeuten; außerdem, so leicht der Krieg auch zu gewinnen sein mag, würde er zu einer totalen Störung des deutschen Transportwesens, zur Zerstörung der Produktion, z.B. des Erdöls, führen und die Landwirtschaft der Ukraine in ein völliges Chaos stürzen, dessen unvermeidliche Folge eine schreckliche Hungersnot wäre. Unter solchen Bedingungen wird es bei allem organisatorischen „Genie“ der Deutschen mindestens ein oder zwei Jahre dauern, um das Zerstörte in einen Zustand wenigstens sichtbarer Ordnung zu bringen und ohne Hindernisse die notwendigen Nahrungsmittel, Mineralien, Erdöl und andere Rohstoffe zu bekommen. In der Zwischenzeit würden England und Amerika nicht tatenlos zusehen, im Gegenteil, die britische Luftwaffe, die auf keinen soliden Widerstand stößt, würde die industriellen und strategischen Zentren Deutschlands und der eroberten Länder zerstören; die anglo-amerikanische Industrie, die die unerwartete Atempause nutzt, würde eine rasende Produktion von Flugzeugen, Panzern, Geschützen und allen anderen militärischen Ausrüstungsgegenständen entwickeln, was unweigerlich zur Niederlage Deutschlands ungeachtet seiner Erfolge im Osten führen würde.
Die elementare menschliche Logik verlangte, dass Hitler und seine Generäle die Eroberungen konsolidierten, die ruinierte Wirtschaft Europas in Ordnung brachten, eine neue Wirtschaftsordnung errichteten und die Politik der Zugeständnisse an Stalin und seine von den Großmachtfantasien besessene Oprichnina fortsetzten und von Russland alles erhielten, was unter den gegebenen Bedingungen möglich war. Aber die Logik der Diktatoren ist keine einfache menschliche Logik. Die Wege der diktatorischen Logik sind unergründlich, sie ist kapriziös und irrational: Der Angriff auf Russland ist nun eine vollendete Tatsache. Die grandiosen Schlachten von Menschen und Maschinen finden an einer zweitausend Meilen langen Front statt, Hitler siegt bis jetzt, aber dieser Sieg trägt in sich alle Zeichen eines Pyrrhussieges: Jeder Sieg Hitlers, sofern die russische Armee erhalten bleibt, bringt ihn der unvermeidlichen Niederlage näher, wenn nicht im Osten, so doch im Westen. Hitlers Angriff hat alle Pläne Stalins, dieses genialen Mannes mit dem Herzen eines Tigers, dem Hirn eines Huhns und den Gewohnheiten eines Schakals, zunichte gemacht und die Verbrecherhaftigkeit seiner Außenpolitik offenbart.
Seine Außenpolitik war unendlich naiv und daher lange Zeit ein Rätsel, denn niemand hätte einem großen Staatsoberhaupt eine solche Naivität zugestehen können. Nachdem er sich jahrelang in den Außenministerien des anglo-französischen Imperialismus herumgetrieben und sich erniedrigen lassen hatte, was im Spanischen Bürgerkrieg seinen Höhepunkt erreichte, änderte Stalin abrupt den Kurs seiner Außenpolitik: Er wandte sich dem schlimmsten Feind der Freiheit, des Sozialismus und der Arbeiterklasse, Hitler zu. Diese Wendung beruhte auf dem Wunsch, Europa und Asien zu beherrschen, der Stärkste zu sein.
Stalins Berechnungen waren sehr einfach. Sie liefen darauf hinaus, nicht nur eine oder zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, sondern ein Dutzend auf einmal. Der Pakt vom 23. August 1939 war der Akt des Abdrückens, gefolgt von einem wundersamen Schuss, der ein Dutzend fette Kaninchen auf einmal töten sollte – ein europäischer Krieg, der nach und nach zu einem weltweiten Krieg wurde. Stalin triumphierte und rieb sich genüsslich die Hände: „Ich habe sie gut hereingelegt!“
In der Tat ist alles so gelaufen, wie geplant, als wäre es nach Noten gespielt worden, und mit einem gewissen Maß an politischer Kurzsichtigkeit könnte man sich hämisch freuen, triumphieren und sich für Peter den Großen und den Supergroßen halten.
In der Tat hat der Pakt mit Hitler einen überwältigenden Eindruck hinterlassen. Bevor der Eindruck verblasste, griff Hitler Polen an, und zwei Tage später erklärten England und Frankreich Deutschland den Krieg, sahen aber tatenlos zu, wie Polen zerschlagen wurde. Am 16. September rückte Stalin mit seinen Truppen in Polen ein. Am 28. September wurde Polen geteilt. Am gleichen Tag noch erklärten Molotow und Ribbentrop, dass im Falle feindlicher Handlungen von Seiten Großbritanniens und Frankreichs, würden sich Deutschland und Russland auf die notwendigen Schritte einigen. Zur gleichen Zeit unterzeichnete die Regierung Stalin einen Vertrag über die Belieferung Deutschlands mit allen notwendigen Rohstoffen im Austausch gegen deutsche Waren. Auf die Teilung Polens folgte unmittelbar der Angriff auf die baltischen Staaten, die Moskau nun rücksichtslos behandelte: Nacheinander wurden Vertreter Litauens, Lettlands und Estlands nach Moskau vorgeladen und gezwungen, einen „Vertrag über die gegenseitige Verteidigung“ und die Abtretung von Marinestützpunkten zu unterzeichnen. Danach hat man die Baltendeutschen zur Ausreise nach Deutschland aufgefordert. Die Angliederung der baltischen Staaten an Russland wurde vorbereitet. Aus Dankbarkeit für all dies und als Zeichen der Freundschaft lobte die stalinistische Presse am 10. Oktober die von Hitler vorgeschlagene Politik und griff Großbritannien und Frankreich scharf wegen ihres fortgesetzten Kampfes für „die grenzenlose Ausbeutung von Hunderten von Millionen von Kolonialsklaven“ an. Molotow sprach auf einer Sitzung des Obersten Rats am 31. Dezember von der starken deutsch-sowjetischen Freundschaft, verurteilte die Alliierten für die Fortsetzung des Krieg, bezeichnete sie als Aggressoren, verteidigte die Existenzberechtigung der Nazi-Ideologie, geißelte den Krieg gegen sie und griff den Präsidenten der Vereinigten Staaten wegen seiner „moralische Unterstützung“ für die Finnen bei den russisch-finnischen Verhandlungen an.
Auf die Vorladung der baltischen Staatsvertreter nach Moskau folgten die von Finnland und der Türkei. Hier nahm die Angelegenheit eine unangenehme Wendung. Die Türken und die Finnen weigerten sich kategorisch, sich den die Forderungen Moskaus zu fügen. Die Türken wurden vorübergehend in Ruhe gelassen, um sich nicht in einen Krieg mit den Alliierten und mit Italien zu verwickeln, aber Finnland wurde angegriffen und nach drei Monaten eines schändlichen Krieges war die UdSSR gezwungen, Frieden mit der finnischen Regierung der „weißen Banditen“ zu schließen, die Moskau nicht anerkannte und durch seine eigene „Regierung“ von Kuusinen in Terijoki ersetzte.Finnland hat die Inseln des Finnischen Meerbusens abgetreten, verlor ein Teil seines Territoriums und den Marinestützpunkt in Hanko.
Der Finnische Krieg offenbarte die Schwäche und Laschheit der bolschewistischen Militärmaschinerie, an dessen Aufbau mehr als zwanzig Jahre gearbeitet wurde und dem die Industrie, die Gesundheit und die Arbeitskraft der Bevölkerung geopfert wurden. Nachdem sie auf unerwartet starken Widerstand der Finnen stieß, bekam die stalinistische Clique es mit der Angst zu tun und begann, sich bei Hitler einzuschmeicheln: Die Untätigkeit an der Westfront wurde von der bolschewistischen Presse bereitwillig damit erklärt, dass Deutschland keinen Krieg wolle, sondern Frieden suche, den aber „der größte Feind der Sowjetunion“, Churchill, nicht gewähren wolle.
Als Stalin den Pakt mit Hitler schloss, wandte er auf Chamberlain dessen Politik der Zugeständnisse und der Aufstachelung. Indem er Hitler im Osten freilässt, drängt Stalin ihn in den Westen. Gestützt auf der Erfahrung des Ersten Weltkriegs glaubte er, dass der Krieg im Westen für beide Kriegsparteien lang und zermürbend sein würde und dass am Ende er, Stalin, der militärisch stark blieb, während er „neutral“ war, der entscheidende Faktor in Europa und Asien sein würde. Kurzum, Stalin hatte beschlossen, ein Engländer zu werden: Er würde niemand und insbesondere nicht für England die Kartoffeln aus dem Feuer holen, sondern andere für sich arbeiten lassen. Jetzt ist er selbst an Stelle einer Kartoffel, und Churchill holt ihn aus dem Feuer.
Bis April 1940 schienen die Ereignisse die „weise Politik“ Stalins-Molotows zu rechtfertigen. Ab April aber begannen sich die Ereignisse mit großer Schnelligkeit und entgegen Stalins klugen Berechnungen zu entwickeln. Am neunten April marschierte Hitler in Dänemark ein und griff Norwegen an, wo er bald Herr der Lage wurde. Am zehnten Mai griff Hitler Holland, Belgien und Luxemburg an, und Mitte Juni wurde Frankreich völlig zerschlagen und die Briten vom Festland vertrieben.
Beunruhigt über die unerwartete Wendung der Ereignisse, beeilte sich Stalin, in Litauen, Lettland und Estland einzumarschieren: Am 15. und 16. Juni rückte die Rote Armee in diese Länder ein, und am 27. Juni begann sie mit der Besetzung Bessarabiens und Bukowinas.
In den besetzten Gebieten wird fieberhaft an der Errichtung von Befestigungsanlagen gearbeitet. Die Rote Armee wird in aller Eile reorganisiert. Man spricht über den Mangel an Stahl, Öl, Flugzeugen und Panzern; um die Produktion zu steigern, man verlängerte man den Arbeitstag und die Arbeitswoche; unter Androhung von Gefängnisstrafen für unentschuldigt fehlende wies man Arbeiter den Fabriken zu, kurzum, man unterschrieb die Bankrotterklärung der Stalin-Molotow-Politik und bereitete sich nervös auf den Krieg mit Hitler vor, wobei man die Vorbereitungen vor Hitler und seinen Gegnern verbarg. Der Krieg wurde unmittelbar nach der Niederlage Englands erwartet, woran die Moskauer Politiker anscheinend zunächst nicht zweifelten.
Getrieben von der Angst, nicht um Russland, sondern um ihre eigene Macht, begannen die Bolschewiki sich in den baltischen Staaten und in Polen mit den alten Methoden der Gewalt und der Ausplünderung zu konsolidieren: Die Länder wurden ausgeraubt, ihre Wirtschaft zerstört, ihre Bevölkerung in Armut und Verzweiflung gestürzt, die versprochene Unantastbarkeit der nationalen Unabhängigkeit wurde eklatant verletzt, alle fortschrittlichen und sozialistischen Elemente wurden verhaftet, inhaftiert und ins e Exil im tiefen Russland verbannt. Je mehr die Bolschewiki erstarkten, desto mehr schufen sie sich und Russland Feinde und Hitler und seinem Deutschland Freunde. Dies wurde deutlich in den ersten Tagen des Krieges gegen Hitler: Kaunas zum Beispiel wurde nicht von den Deutschen eingenommen, sondern von litauischen Aufständischen.
Die Angst ist ein schlechter Ratgeber. Und je mehr die Bolschewiki ihren Freund Hitler fürchteten, desto mehr warfen sie sich vor ihm nieder und griffen seine Feinde an. So hielt Molotow am 1. August 1940 eine Rede vor 1200 Abgeordneten des Obersten Rats, in welcher er ihnen versicherte, dass der Vertrag mit Deutschland „trotz aller britischen Bemühungen, ihn zu schwächen“, weiterhin Bestand habe.
Gleichzeitig (am 4. September 1940) wird angesichts des „imperialistischen Krieges“ und der „kapitalistischen Umgebung“ die Einberufung der 18-, 19- und 20-Jährigen zum Militärdienst angekündigt, und als die deutsche Presse eine Meldung veröffentlicht, wonach Rumänien um ein Protektorat Russlands bittet, beeilt sich Moskau zu erklären, dass dies „eine offensichtliche Fälschung“ sei. Obwohl „der Vertrag mit Deutschland weiterhin Bestand hat“, warnte Militärkommissar Timoschenko am 5. Oktober vor „Provokationen, die unsere Grenzen bedrohen könnten“, und die Rote Armee setzte große Manöver im Leningrader Militärbezirk fort.
Die übliche Militärparade der Roten Armee auf dem Roten Platz am Jahrestag der Oktoberrevolution war besonders beeindruckend. Der Jahrestag der Oktoberrevolution zeichnete sich durch eine besonders eindrucksvolle Betonung der militärischen Stärke und Timoschenko hielt erneut eine Rede, in welcher er prahlte, dass die Rote Armee bereit sei, jedem einen vernichtenden Schlag zu versetzen, der „es wagte, die heiligen Grenzen der UdSSR zu verletzen“. All dies konnte nur dem Stalins Freund Hitler und seinen Verbündeten Japan gelten, da nur sie aufgrund ihrer geografischen Lage die „heiligen Grenzen“ hätten verletzen konnten…
Doch all dies hat der Sache nicht nur nicht geholfen, sondern hat sie im Gegenteil noch verschlechtert. Die Beziehungen zu Hitler verschlechterten sich offenbar, die Gefahr eines Angriffs wuchs, und am 10. November, wie schon unter dem Mongolenjoch begab sich der russische Fürst Molotow, nach Berlin, um sich dem deutschen Khan Hitler zu unterwerfen. Was zwischen Molotow und Hitler geschah, ist bis heute ein Geheimnis. Offiziell wurde die Reise deklariert zum Zweck eines „freundschaftlichen Meinungsaustauschs“ von und im Interesse der „weiteren Entwicklung der sowjetisch-deutschen Beziehungen“. Diese Beziehungen nahmen offenbar einen dermaßen „freundschaftlichen“ Charakter an, dass bereits einen Tag nach Molotows Rückkehr aus Berlin eine Registrierung für alle Reservisten zwischen 19 und 50 Jahren angekündigt wurde, einschließlich Frauen, die in Rüstungsbetrieben arbeiteten.
Der Dezember 1940 war geprägt von der deutschen Besetzung Rumäniens und der Konzentration der deutschen Truppen entlang der neuen „heiligen Grenzen der UdSSR“. Dies war ein sehr deutlicher Hinweis auf sehr subtile Umstände: Die bolschewistischen Panslawisten sollten auf eine Annexion der Dobrudscha und die gemeinsamen Grenzen mit Bulgarien verzichten, welche die UdSSR zu einem unmittelbaren Nachbarn der Balkanslawen hätten machen sollen und ihr die Möglichkeit hätten geben sollen, den Weg der deutschen Expansion im Nahen Osten zu versperren. Die Besetzung Rumäniens stellte eine Bedrohung für Odessa, die gesamte Südukraine, die Schwarzmeerküste, die Schwarzmeerflotte und schließlich für den Kaukasus. Zur gleichen Zeit infiltrierte Hitler Finnland und stellte eine Bedrohung von der Nordflanke her.
Anfang 1941 wurde Bulgarien gegen den Willen Moskaus von den Deutschen besetzt. Moskau protestierte schwach, nicht gegen Hitler, sondern gegen die bulgarische Regierung. Nach der Niederlage Griechenlands und Jugoslawiens schlossen sich Hitlers „freundliche“ Hände immer fester um ihre Kehlen. Der „Vater der Nationen“ und seine Clique gerieten in einen Zustand der hysterischen Panik und beschlossen, im Interesse der Rettung ihrer eigenen Haut, ihrer Macht und ihrer Privilegien und nicht des Landes, alle Demütigungen auf sich zu nehmen, alle Forderungen ihres Freundes Hitler zu erfüllen und sogar einen neuen, noch schwereren und schändlicheren Vertrag von Brest-Litowsk zu unterzeichnen.
Die Anbiederung an Hitler nahm einen ekelhaft feigen Charakter an. Um diese niederträchtige Linie durchzusetzen, übernahm Stalin das Amt des Ministerpräsidenten (gemeint ist die Ernennung Stalins zum Vorsitzenden des Rats der Volkskommissare 1941, bis dahin hatte er keine Staatsposten inne – Anm.d.Ü.). Hitlers Bande warf Moskau „passive Feindseligkeit“ vor, und um alle Anzeichen dieser Feindseligkeit zu beseitigen, ging Stalin den üblichen Weg der Gemeinheit und des Verrats: Am 9. Mai dieses Jahres verweigerte man Belgien, Norwegen und Jugoslawien, mit denen man erst am 3. April einen Freundschafts- und Nichtangriffsvertrag geschlossen hatte, die Anerkennung und befahl den Botschaftern dieser Länder, sich aus Russland zurückzuziehen. Das Gleiche wurde mit allen anderen eroberten Ländern gemacht. Das bedeutete, dass Stalin die Eroberungen Hitlers im Namen Russlands anerkannte. Dann beeilte man sich, auf Hitlers Wunsch oder auf eigene servile Veranlassung hin, eine Bande von Hitlers Stellvertretern, die einen Staatsstreich gegen England verübt hatte, als rechtmäßige Regierung des Irak anzuerkennen. Diese Bande wurde bald von den Briten vertrieben, und Moskau geriet in eine äußerst unangenehme Lage (der Pogrom von Bagdad ist auch als Farhud bekannt – Anm.d.Ü.). Diese Unterwürfigkeit Stalins war für Hitler der Beweis für die schreckliche militärische Schwäche des Kremls, und er beschloss, die Flaute im Westen auszunutzen, um seinen alten Traum vom Sieg über Russland zu verwirklichen. Gerüchten zufolge würde der Kreml gezwungen, die Industrie unter deutsche Kontrolle zu bringen und die Rote Armee aufzulösen. Stalin, so heißt es, akzeptierte diese Bedingungen, aber der Stab der Roten Armee stimmte der Auflösung der Armee nicht zu und sagte: Ihr könnt alle politischen Zugeständnisse machen, die ihr wollt, aber wir werden die Rote Armee nicht auflösen.
Hitler wartete nicht einmal auf eine Antwort. Er war entschlossen, Russland zu besiegen, und war nicht bereit Zugeständnisse zu machen: Im Morgengrauen des 22. Juni griff er die „heiligen Grenzen der UdSSR“ an, und General Timoschenko teilt bislang noch keine vernichtenden Schläge‘ aus, sondern empfängt sie selbst, was sehr traurig ist.
Der russische Chamberlain hat mit seiner Politik noch schlimmer versagt als der englische. Dieses Versagen ist eine furchtbare Tragödie für das russische Volk, das nun für Stalins „Weisheit“ mit Millionen von Toten und Verstümmelten, mit der Zerstörung von Städten und Dörfern, wirtschaftlichem Ruin und einer riesigen, noch nie dagewesenen Hungersnot bezahlt, die unvermeidlich ist, unabhängig von Sieg oder Niederlage.
Die nationalkommunistische Liebesaffäre endete in einem blutigen Krieg. Dieser Krieg trägt bereits erbitterten Charakter, und man wird sich bemühen, ihn noch heftiger zu machen, denn sowohl die die deutschen als auch die russischen Nationalkommunisten wissen, dass dieser Krieg unter den Weltbedingungen, unter denen er geführt wird, ein Krieg um Leben oder Tod ist. Beide Seiten wissen, dass eine Niederlage für jede von ihnen nicht nur eine Niederlage und nicht nur die Zerstörung ihres jeweiligen Regimes bedeutet, sondern auch das physische Garaus für die führenden Bürokraten dieses Regimes.
Die Verbrechen des bolschewistischen Regimes sind endlos und ihre Schwere ist unermesslich. Diese Verbrechen lassen sich in drei Hauptsparten einteilen.
Verbrechen gegen das russische Volk als Ganzes: die Zerstörung der Freiheit und die Errichtung der staatlichen Leibeigenschaft, endlose Erschießungen und überfüllte Gefängnisse, Lager und Verbannungsorte; wirtschaftliche Unordnung, Hunger, Armut und die daraus resultierende körperliche Degeneration der Bevölkerung.
Die Verbrechen gegen das internationale Proletariat und seine Befreiung: Bewusste Prostitution des Sozialismus, die Zersetzung in den proletarischen Reihen und die bewusste Sabotage des Kampfes der Arbeiterklasse, das offene Bündnis mit dem Imperialismus und mit den Kräften der Weltreaktion. Die Verbrechen gegen den universellen Fortschritt: Das Bündnis mit dem menschenfeindlichen Hitlerismus, die Entfesselung des Krieges, die Herabsetzung der Moral, die Verunglimpfung der Ideale, die Abwertung des Individuums.
Es kann niemals eine Versöhnung mit diesem Regime geben, unter keinen Umständen und zu keinem Zweck. Dieses Regime muss nach dem Krieg vernichtet werden, und wenn es möglich ist, dies schmerzlos zu tun, um Hitler jetzt zu bekämpfen, umso besser. Nach dem Krieg muss es vernichtet werden und seine Führer müssen sich für alle ihre Verbrechen vor dem Tribunal der werktätigen Klassen Russlands und der Welt verantworten. Die Vernichtung dieses verbrecherischen Ausbeuter- und Leibeigenschaftsregimes gebieten nicht nur die Interessen der Freiheit, sondern von den Interessen der physischen Erhaltung des russischen Volkes und der Völker, die neben ihm leben. Der Krieg, unabhängig von seinem Ausgang, Niederlage oder Sieg, wird die russische Wirtschaft in ein absolutes Chaos stürzen, und eine schreckliche Hungersnot wird über weite Teile des Landes Regionen des Landes hereinbrechen. Der Kampf gegen dieses Grauen unter einer bolschewistischen oder einer anderen Diktatur wird nur zur Verschärfung dieses Schreckens und zur physischen physischen Entartung des Landes führen.
Wir machen uns keineswegs Illusionen über das stalinistische Regime, über seine Demokratisierung während des Krieges. Wir sind vom Gegenteil überzeugt. Die Kreml-Clique, wahnsinnig vor Angst, wird auf die alten und bewährten Methoden von Polizeigewalt und Terror zurückgreifen. Die Berichte in der amerikanischen Presse über die Massenverhaftungen in Moskau bestätigen unsere Überzeugung, dass es unmöglich ist, das bolschewistische Regime zu demokratisieren. Die Organisation des Militärischen Verteidigungskomitees unter der Leitung von Stalin spricht ebenfalls dafür. Dieses Komitee ist die durch nichts und niemand einzuschränkende Regierung Russlands. Der Zweck dieses Komitees ist klar: Die Erhaltung der Macht in ihrer ganzen früheren Fülle um jeden Preis. Die Ernennung von solchen „Marschällen“ wie Woroschilow und Budjonny zu den Oberbefehlshabern der nördlichen und südlichen Frontabschnitte spricht auch dafür, dass selbst in einem solchen Krieg, in dem sich das Schicksal nicht nur Russlands, sondern der ganzen der Menschheit entscheidet, die politischen Interessen einer unbedeutenden Clique von Usurpatoren und der von ihnen vertretenen bürokratischen Klasse im Vordergrund stehen. (…)
Die verbrecherische Politik der Allianz mit der abscheulichsten Reaktion gegen alles Freie und hat zu einem Krieg unter den für Russland ungünstigsten Bedingungen geführt: Das russische Volk Das russische Volk ist nun gezwungen, die Schläge der Kriegsmaschinerie Hitlers allein zu ertragen. Dieser Krieg ist das größte Verbrechen des Bolschewismus, das alle seine anderen Gräueltaten in den Schatten stellt alle seine anderen Gräueltaten zusammengenommen.
Heute, am 17. Juli, kam eine Nachricht aus Moskau über die Wiedereinsetzung von Politkommissaren in der Armee: Stalin traut niemandem und könnte das Land opfern, um seine Machtposition zu retten. Politische Kommissare sind ein schlechtes Zeichen.
Hitlers Angriff auf Russland brachte das russische Volk in eine furchtbar tragische Situation. Das Volk wartete auf einen Krieg, um wie 1917 die Bajonetten gegen seine inneren Unterdrücker und Sklavenhalter zu richten, die die staatliche Leibeigenschaft eingeführt hatten. Und der Krieg ist gekommen, aber was für einer! Derselbe Sklavenhalter, Unterdrücker und Ausbeuter wie Stalin stürzt sich auf Russland. Hitler kam nicht nach Russland, um ihm dieses oder jenes Stück Land zu entreißen, sondern um es in eine Kolonie zu verwandeln. Und nun steht das russische Volk vor der Frage: Was tun – einen Bürgerkrieg beginnen, um den Bolschewismus zu stürzen und von Hitler besiegt zu werden, oder sich gegen Hitlers Schwarze-Hundertschaften verteidigen und ihn unter Aufbietung der letzten Kräfte besiegen? Der Sieg über Hitler verspricht keine Erleichterung und Linderung der bolschewistischen Unterdrückung. Der Sieg über Hitler bedeutet den Sieg von Stalin und seiner Clique und die Niederlage des Volkes. Der siegreiche Bolschewismus wird im wirtschaftlichen Chaos der Nachkriegszeit noch mehr gestärkt werden, die staatliche Leibeigenschaft wird mit Nachkriegswirtschaftschaos, Armut, Hungersnöten und Epidemien noch widerwärtiger sein. Die Polizeiwillkür wird noch grenzenloser werden: Das bolschewistische Junkertum, der Militärismus, wird so widerwärtig und bösartig werden wie das preußische Junkertum. Die Bürokratie als Klasse wird sich auf Kosten der Arbeiter und Bauern noch mehr Privilegien verschaffen, und ihr Einfluss wird noch größer werden, und ihr Einfluss außerhalb des Landes wird zunehmen, und dieser Einfluss wird reaktionär und bösartig sein.
Aber auch die Niederlage gegen Hitler ist unter den gegebenen historischen Bedingungen nicht besser, die keine Ähnlichkeit mit denen von 1917 haben. Der Sieg Hitlers wird eine fremde und daher eine noch widerwärtigere und anstößigere staatliche koloniale Sklaverei, schreckliche Unterdrückung und sinnlose Grausamkeit von Hitlers weißen Stellvertretern bedeuten: Ausplünderung des Landes, Hungersnöte und Epidemien. Ein Sieg Hitlers in Russland könnte ihm den Sieg im Westen oder einen günstigen Frieden sichern. Und in beiden Fällen werden die Träume von der Befreiung zu unerfüllten Illusionen, denn das Schicksal des russischen Volkes ist heute wie nie zuvor eng und untrennbar mit dem Schicksal der westeuropäischen Völker verbunden. Die Versklavung der letzteren durch Hitler bedeutet für die Russen ebenfalls hoffnungslose Sklaverei. Ihre Befreiung infolge der Niederlage Hitlers bedeutet zwar nicht die sofortige Befreiung der russischen Arbeiter und Bauern von der bolschewistischen Staatsknechtschaft, aber sie ermöglicht sie zumindest in nicht allzu ferner Zukunft. In diesem Sinne wünschen wir dem russischen Volk, dass es seine ganze Kraft einsetzt und den Nazi-Abschaum zerschlägt. Die Interessen des internationalen Proletariats, die Interessen der universellen Freiheit, unsere eigene Befreiung und unser Wohlergehen verlangen vom russischen Arbeiter und vom russischen Bauern große blutige Opfer, denn die Vernichtung des Hitlerismus und Hitlers sind die Bedingungen, ohne die eine europäisch-asiatische Revolution der Arbeiter- und Bauernmassen nicht ausbrechen kann, die dem Kapitalismus ein Ende setzen, die Macht des Staates zerstören oder zumindest einschränken und damit Kriege für immer beseitigen würde. Auf der Grundlage dieser revolutionär-internationalistischen Ziele kann unsere Position nicht anders genannt werden als die Position der REVOLUTIONÄREN VERTEIDIGUNG. Deshalb bleiben wir unerschütterliche Feinde des Bolschewismus und jeder Art von Staatssozialismus, wünschen der Roten Armee den Sieg und leiden und trauern, wenn wir von ihren Niederlagen hören. Jede Kraft, wie reaktionär sie auch sein mag, wie niedrig ihr moralisches Niveau auch sein mag, wie die Bolschewiki, und im Namen von was auch immer sie Hitler angreift – indem sie ihm diese Schläge versetzt, vollbringt sie, obwohl sie reaktionär bleibt, eine fortschrittliche Tat.
Nicht im Interesse der Rettung der Demokratie, die auch gerettet werden muss, wenn sie von der Reaktion egal welcher Farbe bedroht wird, nicht im Interesse der Verteidigung dieses oder jenes Stücks Land, sondern im Interesse der Wiederbelebung der internationalen Arbeiterklasse, im Interesse der rettenden europäisch-asiatischen Revolution muss Hitler besiegt werden, wie kostspielig es auch sein mag. Wer also auch nur im geringsten dazu beiträgt, Hitler zu besiegen, der tut eine revolutionäre Tat, der bringt die Stunde der Wiedergeburt des internationalen Proletariats, die Stunde des Sieges der Freiheit, der wirtschaftlichen Gleichheit und der Solidarität näher.
Übersetzung aus dem Russischen von Ndejra. Original veröffentlicht in „Delo truda – Probuschdenije“, Nr. 4, April-August. 1941
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